Dienstag, 19. November 2013

Aït Benhaddou - Tizi n'Tichka - Marrakech

116.Tag, Samstag 23.2.2013

Es ist sehr stürmisch und kalt, Schwärme von schwarzen Raubvögeln kreisen über der Stadt. Irgendwie unheimlich, wie ein böses Zeichen.
Ich verbinde den Morgenspaziergang mit einem weiteren Besuch der Altstadt. Noch sind hier nur wenige Touristen unterwegs und wir steigen viele Stufen bis zum Gipfel, wo ein einzelner Speicherturm steht. Der Wind bläst so heftig, dass ich mich sehr dagegen stemmen muss, um nicht umgeweht zu werden. Von oben bietet sich ein weiter Blick ins Land und ich sehe unseren Bus ganz klein bei der Kasbah du Jardin stehen.
 















Auf dem Rückweg regt sich Leon fürchterlich wegen einer Katze auf und wirft dabei ein Tablett eines Souvenirverkäufers um.

Da ist er, der Feind, der Todfeind - ich muss ihn killen, Blut, ich will Blut sehen - diese dumme Leine immer, ich muss dahin... Was für ein Krach, irgendetwas scheppert, der Feind flieht und ich kann nicht hinterher!

Ein Glas kullert zu Boden - ohne zu zerbrechen, doch der Händler fordert Schadensersatz, weil das Glas angeblich aus seiner versilberten Halterung gesprungen und nun kaputt sei. Er wittert anscheinend seine Chance für das Geschäft des Tages, aber das ist nun wirklich übertrieben! Als er für das Glas, das unversehrt ist, 100 Dirham von mir verlangt, antworte ich nur :"Vous rigolez!". Es ist natürlich viel weniger wert und er bestätigt mir das, indem er dann etwas kleinlauter fragt, was ich denn zu zahlen bereit sei. In dem Fall gar nichts, weil kein Schaden entstanden ist und so spaziere ich dann mit meinen beiden Missetätern davon. Aber ich habe erst einmal genug von Aït Benhaddou, und zurück am Bus werde ich von ihm mit dem gleichen Gedanken empfangen: Wir wollen weiter. Über den Hohen Atlas, den Tichka Pass, Tizi n'Tichka,  in Richtung Marrakech.

Unterwegs bieten sich immer wieder überwältigende Ausblicke auf alte Kasbahs, Lehm- und Steindörfer und großartige Steinwüste in tollen Formationen und Farben. Allerdings ist das Wetter weiterhin ziemlich ungemütlich, sehr stürmisch und kalt. Deshalb passieren wir auch Telouet, eine weitere berühmte Kasbah, Ort der Glaoui-Fürsten, ohne hier anzuhalten - obwohl ich eigentlich überlegt hatte, die heutige Nacht hier zu verbringen.
 








Jetzt sind wir auf einer Nebenstrecke zum Pass, sie ist teilweise miserabel, übersät mit Schlaglöchern, dann wieder passabel. Sehr einsam. Aber großartige Landschaft! Karg, bizarr, sehr farbig. Nach und nach taucht auch wieder mehr Bewuchs auf, sogar Bäume, pinienartig, die in Terrassenanbau kultiviert werden. Wir fragen uns wieder einmal: Wie und wovon leben die Menschen hier? Dann wird es, je höher wir kommen, auch wieder karger, wir nähern uns dem Pass und hier mündet die einsame Nebenstrecke in die Nationalstraße. Gelbrote Schneebaaken am Straßenrand machen deutlich, dass es hier auch ganz anders aussehen kann. Momentan ist zwar bis auf einige kleinere Schneefelder in den Senken kein Schnee zu sehen, dieser Winter war mild und vor allem niederschlagsarm, aber es kann wohl auch ganz anders aussehen. Tizi n'Tichka, 2260 Meter hoch, einige Gebäude, Restaurants - und schon sind wir wieder auf dem Weg nach unten. Die Berge bilden die Wetterscheide, hier auf der Nordseite sind deutlich mehr Wolken als im Süden und es liegt auch mehr Schnee auf den Hängen.

Video 1 (Anschauen lohnt sich)

 















(gedreht von ihm während der Fahrt, Anschauen lohnt sich sehr)

Unterwegs gibt es keine Campingplätze oder schöne freie Stellplätze, deshalb fahren wir immer weiter in Richtung Marrakech. Zur Koutoubia Moschee und dem dortigen Stellplatz, den wir schon kennen, werden wir wohl finden. Aber Marrakech ist riesig und wir verlieren uns im Gewirr der kleine Straßen der Medina. Als es kein Vor und Zurück mehr zu geben scheint, nimmt sich ein Mopedfahrer unserer an und lotst uns in Richtung Moschee, natürlich für einige Dirhams, aber die hat er sich redlich verdient. Ich war schon wieder am Rande des Nervenzusammenbruchs... Inzwischen ist es dunkel, der Stellplatz ist leider voll und deshalb müssen wir jetzt den Camping Relais de Marrakech etwas außerhalb der Stadt wiederfinden. Ich bin nun ziemlich nervös. Er nicht, zumindest äußerlich, er bleibt cool. Irgendwie schaffen wir es, schafft er es aber doch, zum Relais de Marrakech zu finden.

Ziemlich spät, die Rezeption ist schon nicht mehr besetzt, nur ein Nachtwächter ist noch dort, kommen wir an, suchen uns einen Stellplatz zwischen gefühlt hunderten von Joghurtbechern, und der Reisestress dieses langen Tages fällt von uns ab. Wir bekommen sogar noch ein Essen im Restaurant, total europäisch, das heißt französisch - Steak & Frites - und ich finde es, obwohl etwas zäh, einfach himmlisch! Dazu sitzen wir direkt am Kamin, die Hunde liegen auf ihren Decken und auch sie genießen ihr Steak, das heißt die sehnigen und zähen Reste, die ich ihnen übrig lasse und seine halben Teller voll - klar!

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